Es ist Herbst, die Tage werden kürzer und kühler, aber dafür gibt es Äpfel und Zwetschgen, Trauben und Nüsse. Neuer Wein, Zwiebel- oder Krautkuchen sind auch - zum Glück - noch immer lecker. Jetzt im Sommer, wenn ich dies hier schreibe, weiß ich noch nicht: Ob es eine "zweite Ansteckungswelle" geben wird, oder hoffentlich nicht? Und ich denke an die Mitarbeitenden, Patienten und PatientInnen in der SRH-Klinik oder die Menschen in den Altenpflegeheimen und im „Betreuten Wohnen“. Wie wird es den Familien nach den Sommerferien gehen - nach langen Monaten mit "Home-Schooling" und "Home-Office" davor. Und wirtschaftlich, wie wird es weitergehen? Wie werden Sie und ich im Herbst, wenn es kühler wird, mit der Ansteckungsgefahr umgehen? Welche neuen, kreativen Möglichkeiten werden sich da auftun?
Auch in diesem Jahr freue ich mich auf den Herbst. Mir fallen Gedichte ein: "Die Blätter fallen wie von weit...", "Im Nebel ruhet noch die Welt...", und natürlich "Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, ein Birnbaum in seinem Garten stand...". Wir nehmen Abschied vom Sommer; und wenn es gut geht, gibt es eine grandiose Abschiedsvorstellung in bunten herbstlichen Farben - dennoch.
Traditionell wird dann Erntedank gefeiert. Nicht nur ich erinnere mich, dass Hülle und Fülle Anlass zur Dankbarkeit sind, auch in diesem Jahr. Ich nehme es jetzt bewusster war, auch weil ich jetzt wieder neu in einer ländlicheren Umgebung wohne.
"Es geht durch unsre Hände, kommt aber her von Gott...", fasst Matthias Claudius kurz und bündig zusammen. Genau genommen, so sagt die biblische Überlieferung, verwalten wir als Menschen nur treuhänderisch unsere Erde. Die Schöpfung zu bebauen und zu bewahren, das schließt die gerechte Verteilung der Ernte ein - und des Ertrags, den Menschen daraus erwirtschaften. Dazu gehört dann z.B. ein fairer Preis oder ordentliche Arbeitsbedingungen für alle.
Herr von Ribbeck zu Ribbeck aus Fontanes Gedicht geht noch weiter. Er teilt die Ernte seines Birnbaums mit den Kindern des Dorfes: "Und kam in Pantinen ein Junge daher, so rief er: Junge, wiste ne Beer? Und kam ein Mädel, so rief er: Lütt Dirn, kumm man röwer, ick hebb ´ne Birn." Indem Sie und ich teilen, wo es geht, danken wir auch Gott für alles, was unser Leben reich macht, trotz allem.
Im Zeitalter der Globalisierung und der internationalen Märkte ist es - bei allem guten Willen - nicht immer einfach, gerecht zu handeln. Ich bin froh, dass es in Sigmaringen das "KleiderReich" gibt, den Weltladen, und, und,... . Und - Herr von Ribbeck bietet da auch Anschauungsunterricht für Entschlossenheit und Phantasie. Als er sein Ende nahen fühlt und ahnt, dass sein Erbe weniger großzügig sein würde, findet er einen Weg, wie er über den Tod hinaus Birnen verschenken kann. Sein letzter Wunsch ist bekanntermaßen, dass man ihm eine von seinen Birnen mit ins Grab geben solle:
Und die Jahre gehen wohl auf und ab,
längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
und in der goldenen Herbsteszeit
leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
flüstert's im Baum: Wiste ne Beer?
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: Lütt Dirn,
kumm man röwer, ick gew' di ´ne Birn.
Bin ich zu zuversichtlich, wenn ich schreibe: Ihnen erfüllte herbstliche Tage!?
Bleiben Sie behütet -
Ihre Pfarrerin Ulrike Sill.
Pfarramt I
Dorothee Sauer
Pfarrerin in Sigmaringen & Codekanin im ev. Kirchenbezirk Balingen
Tel. 07571 / 683014
Pfarramt II
Matthias Ströhle
Pfarrer in Sigmaringen & Beauftragter für Hochschulseelsorge im ev. Kirchenbezirk Balingen
Tel. 07571 / 683011