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Ich bin der wahre Weinstock

Predigttext: Johannes 15, 1-8

Jesus Christus spricht:

1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner.

2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe.

3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe.

4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mir bleibt.

5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun.

6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt die Reben und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen.

7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren.

8 Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.

 

Liebe Gemeinde,

der Frühling wird zum Glück nicht abgeschafft, auch nicht jetzt während der Corona-Pandemie. Diesen Zauber der Verwandlung mitzuerleben: die blühenden Obstbäume, jetzt vor allem die Apfelbäume. Eine Wolke weißer, duftender Blüten überstrahlt das helle Grün der jungen Blätter. Ich wünsche, dass Sie auch etwas davon mitbekommen, den Blick aus dem Fenster werfen können, dass Sie die Vögel zwitschern hören, Amsel, Lerche - und vielleicht auch den Specht hämmern hören! Das heller werdende Licht spüren. Schöpfung und Neubeginn.

Jesus hat in dieser Zeit des Frühlings die Jünger auf seinen Abschied vorbereitet: Auf seinen Tod und seine Auferstehung, das neue, andere Leben danach. Dann werden es nicht mehr nur die Blüten sein, dieses Leben nach der Auferstehung kann ganz anders fruchtbar werden.

Jesus sagt: Gott, er selbst, Jesus Christus, und die Jüngerinnen und Jüngern werden dann miteinander verbunden sein. Ein Bildwort soll helfen: Gott ist der Weingärtner, er selbst, Jesus, ist Weinstock, und die Jüngerinnen und Jünger, die Reben dieses Weinstocks, die Frucht hervorbringen werden.

Für die Menschen um Jesus hat dies nur weitergeführt, was sie selbst gespürt und begriffen haben. Petrus und die Anderen haben erkannt: Auf dich, Jesus, haben wir gewartet, du bist der Mensch Gottes, der Menschensohn, der Messias.

„Ohne mich könnt ihr nichts tun“, sagt Jesus: Aus dem, was sie mit und wie sie Jesus Christus erlebt haben, sollen sie für andere da sein, zum Leben anstiften, beflügeln und befreien.

Denn seine Freunde und Freundinnen, die Jünger, erlebten und erleben Jesus nicht als Unterdrücker, nicht als Drohender, nicht als Strafender, nicht als Moralisierender und  Schuldzuweisender, sondern als Liebender, als Schenkender, als Befreiender, als Schützender, als Förderer des Lebens, Herausfordernd und Kritisch, als Freund, als Friedensbringer, als Heilender geht Jesus auf Menschen zu. Jesus wandte sich Menschen mit dem Gesicht der Liebe zu, spricht die Sprache der Liebe und es entsteht Vertrauen und Zutrauen.

So geht diese Geschichte nach Jesu Tod und Auferstehung weiter, Menschen orientieren sich an Jesus Christus - bis heute.

Und dieses Bildwort vom Weinstock und den Reben, die Frucht bringen, drückt eine ganz starke, elementare Verbundenheit aus. Die Jüngerinnen und Jünger, die Christinnen und Christen können so wie Jesus liebevoll, kritisch und herausfordernd sein, aus Gott leben, das Leben fördern und beschützen, sich andern Menschen zuwenden. In der Situation spüren: Was ist jetzt möglich, was kann ich, was können Sie tun oder lassen, schweigen und zuhören, beten, da sein, in die Stille gehen, mit anderen reden.

Auch die Erschöpfung und Müdigkeit zulassen, die Ratlosigkeit, das Suchen und Fragen - weil Gott Sie und mich trägt. Gerade jetzt in dieser besonderen Zeit und gerade hier in der Klinik auch.

Und umgekehrt zu spüren und wertzuschätzen, wenn andere für Sie und mich da sind, hier etwa - Schwestern und Pfleger, Ärzte und Ärztinnen, Menschen, die sauber machen, und und und. Und in Ihrer Lebensgeschichte, gibt es da auch Menschen, wo Sie ähnliches erfahren haben, die da waren, tröstlich, oder – wenn es sein muss – auch kritisch, und liebevoll?

Es gibt da auch prominente, bekannte Namen - von Heiligen bis zu Vorbildern, oder oder oder …

Und doch sagt Jesus auch: Eine Rebe, die keine Frucht bringt, damit ab ins Feuer!

Mich erschreckt das! Das kann Wut auslösen oder Verzweiflung. Also wenn ich brav bin, dann werde ich belohnt, wenn ich keine Frucht bringe, bestraft. Wann bin ich das eine, und wann das andre? Ich möchte Jesus an diesem Punkt widersprechen: Wo ist da das Leben, Jesus, die liebevolle und kritische Aufmerksamkeit, mit der du, Jesus, sonst Menschen begegnest?

Und dann entdecke ich, am Ende dieses Abschnitts sagt Jesus Christus: „Werdet meine Jünger, Jüngerinnen“ – es ist kein „Sein“, nichts was diese damals hatten, was Sie oder ich haben. Es ist ein Prozess, es ist im Werden.

Auch die Jünger haben das einst erfahren.

Bei Jesu Prozess und Tod waren die meisten Vertrauten und Nächsten nicht da, die meisten haben Jesus allein gelassen, nur ganz wenige waren bei seinem Tod bei ihm.

Und davor, in einer bedrohlichen Situation als Jesus gefangengenommen wird, da verleugnete Petrus Jesus – Petrus sagt: Ich kenne diesen Jesus nicht. Beide begegnen sich nach Ostern wieder, Petrus bittet Jesus um Vergebung. Und Petrus wird neu dieser Auftrag von Jesus Christus gegeben, sei da für die Anderen: „Ich bin der Weinstock, du die Rebe – und Du kannst, du wirst Frucht bringen.“ Das gilt für Petrus, das gilt bis heute.

Diese Neuschöpfung, sie ist im Werden und sie braucht ihre Zeit, bei jedem und jeder ihre eigene Zeit, bei Ihnen, bei mir. Und was ist mit jetzt diesem Satz: Eine jede Rebe, die nichts taugt - ab ins Feuer.

Mir fällt eine Kollegin ein, sie erzählt: Im Gemeindegarten in Dürrwangen haben wir einen Kreis entdeckt, in dem die Gräser weit stärker gewachsen sind als auf der restlichen Wiese. Wir fragten uns nach der Ursache. Zuerst scherzhaft überlegten wir, „War da etwa ein „UFO“ im Garten …?“ Schließlich kamen wir darauf: Genau hier haben wir im letzten Jahr mit Hilfe der Feuerwehr Frommern das Osterfeuer entzündet. Die Asche hatte als Dünger gewirkt, sie verursachte das reiche Wachstum. Aus dem Feuer kam neues Leben.

Alles Lebendige hatte das Feuer zerstört, aber gerade dadurch wurde der Boden bereitet für neues Leben. Wo vorher der Tod zu siegen schien, hat sich das Leben durchgesetzt, und zwar stärker und lebendiger als in der umliegenden Wiese.

Veränderungen braucht ihre eigene Zeit, auch hier in der Klinik – was ist möglich, was könnte sein, was kann - zumindest auf längere Zeit nicht mehr sein. Für sich selbst nachdenken, nachfühlen. Mit anderen, wenn es irgend möglich ist, darüber zu reden. Andere Blickwinkel kennenzulernen. Zu überlegen, was hilft weiter, wo bin ich unentschieden, wo sperre ich mich.

Und: Was gibt Ihnen in ihrer eigenen Lebensgeschichte auch den Mut, die Gelassenheit und Geduld, sich einzulassen, sich mit dem Weltgeschehen zu befassen, anderen zuzuhören, dazu sein für Menschen hier, in der Familie, bei Ihren Freundinnen und Freunden? Miteinander, auch wenn man nicht einer Meinung ist, zu lachen, kritisch und liebevoll nachzufragen? Auch das ist immer wieder Neuschöpfung:

Eine andere Art von Hoffnung, eine eigene Sehnsucht, ein eigener Traum, eine eigene neue Perspektive. Dieses Licht, diese neue Schöpfung, die Gott schafft, alles, was da ist, das Sichtbare und das Unsichtbare: eben die Hoffnungen und Wünsche, die Sehnsüchte und Träume, die Visionen, auch den Mut mit schwierigen Änderungen irgendwann zu leben.

Mir macht dieses Bild vom Osterfeuer Mut. Gottes Liebe, Gottes Gnade und Solidarität trägt Sie und mich, so wie sie die Jüngerinnen und Jünger einst getragen hat, so wie viele Menschen vor uns und nach uns – das kann Sie und mich immer lebendig werden lassen, kann uns beflügeln, dass Sie und ich – ihre, meine eigene Frucht bringen werden.

Und ich hoffe und wünsche Ihnen, dass Sie erleben, was Rose Ausländer dichtet:

„Kostbar der Herzschlag
jeder Minute.
Sie schenkt dir den Atem,
erlaubt dir anzufangen
aufs neue.“

AMEN.


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Krankenhausseelorge

Zuständig für die Seelsorge im ökum. Team im Krankenhaus Sigmaringen und in den Seniorenheimen Fideliswiesen und Josefinenstift.


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Dr. Ulrike Sill

SRH Kliniken Landkreis Sigmaringen 
Krankenhausseelsorge

Hohenzollernstraße 40
72488 Sigmaringen


  ulrike.sill(at)elkw.de



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Pfarrerin in Sigmaringen & Codekanin im ev. Kirchenbezirk Balingen

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